"Ich habe mich immer geweigert zu privatisieren"

José Maria Alvarez del Manzano hat die Entwicklung der Feria de Madrid mit geprägt. Heute richtet sich sein Interesse als Präsident auch auf die Internationalisierung.

Sie waren 12 Jahre lang Bürgermeister von Madrid. Vermissen Sie das politische Leben?

José Maria Alvarez del Manzano: Zweifellos ist der Posten eines Bürgermeisters der attraktivste Posten für einen Politiker, denn dort ist man den Leuten nahe.

Unter Ihrer Ägide als Bürgermeister wurde auch die IFEMA (Feria de Madrid) ins Leben gerufen.

Ich habe seit 25 Jahren eine enge Verbindung zur IFEMA. Als die Idee geboren wurde, Madrid in eine Messestadt zu verwandeln, übrigens eine Idee von Adrian Piera, dem Kammerpräsidenten und des damaligen Bürgermeister von Madrid, José Luis Alvarez, war ich als dessen Stellvertreter im Rathaus von Madrid tätig und wurde so Mitglied des Verwaltungsrates der IFEMA. Während meiner Amtsjahre als Bürgermeister von Madrid habe ich dann die Messe ausgebaut. Sie war für mich immer ein sehr wichtiger Faktor in Zusammenhang mit der Entwicklung der Stadt.

Sie sind nun schon 14 Jahre lang Präsident der IFEMA und das immer noch, obwohl Sie das Bürgermeisteramt abgegeben haben.

Die Messe wird ja von einem Konsortium geleitet, das von vier Institutionen abhängig ist: Vom Rathaus Madrid, von des Landesverwaltung Madrids, von CAJA Madrid (Anm: Sparkasse) und der Handelskammer. Gemäss der Statuten ist eigentlich der Bürgermeister gleichzeitig Präsident der IFEMA. Zum ersten Mal hat man eine Ausnahme gemacht, indem man mich weiterhin als Präsident im Namen des Ratshauses amtieren lässt. Die neuen Statuten besagen jetzt, dass der Bürgermeister der Präsident ist, oder aber die Person, die dieser in dieses Amt beordert.

Wie war die wirtschaftliche Entwicklung der Messe während Ihrer Präsidentenzeit?

Das Wachstum wurde immer an die Notwendigkeiten der Stadt und die Nachfrage der Unternehmer angepasst. Anfänglich hatten wir acht Hallen. Danach wurden diese um zwei erweitert. Später dann wurde am Nordtor ein weiteres wichtiges Kongresszentrum errichtet. Und gerade jetzt sind wir dabei, zwei zusätzliche große Hallen zu bauen. Wir sind nach und nach im Einklang mit der Nachfrage und dem Platzbedarf der Aussteller gewachsen. Es hat Zeiten gegeben, in denen wir bei einigen Messen zusätzlich Zelte aufstellen mussten, um der Nachfrage gerecht zu werden. Wir wollen natürlich, dass alle Unternehmer, die hier ausstellen und auch die Besucher, Qualität vorfinden.

Und wie waren Ihre Erfahrungen während der letzten Jahre?

Wir haben uns zweifellos zur Messe Nummer 1 in Spanien entwickelt und innerhalb Europas gehören wir zu den größten fünf. Wir verfügen über eine wichtige Infrastruktur und große Servicequalität.

Die IFEMA ist relativ jung verglichen mit anderen internationalen Messeorganisationen. Trotzdem ist sie die Nr. 1 in Spanien. Wie erreicht man so etwas?

Wir haben sehr viel Geld investiert, denn wir wussten, dass wir so modern wie möglich sein mussten, um konkurrenzfähig zu sein. Wir wollten mit den großen Städten der Welt in Konkurrenz treten, weil Madrid eine dieser grossen Weltstädte ist.

Wie sieht nun das Wachstum der letzten Jahre aus?

Bei einige Messen sind wir in der letzten Zeit um 5 % bis 10 % gewachsen. So hat zum Beispiel die Kunstmesse Arco um 10 % zugelegt. Madrid ist damit weltweit die Nr. 2 der Kunstszene im Hinblick auf die moderne Kunst, nach Basel.

Wieso kann die Madrider Messe wachsen, während anderswo das Geschäft zurückgeht?

Ich glaube, dass wir in Bezug auf andere Messen einen Vorteil haben: Als öffentliches Konsortium machen wir keine Gewinne die verteilt werden. Als öffentliche Institution werden alle Gewinne wieder reinvestiert. Die Tatsache, dass keine Dividenden gezahlt werden gibt uns eine sehr wichtige Flexibilität. Es erlaubt uns sicherlich, mit größerer Ruhe zu wachsen, als die, die von wirtschaftlichen Resultaten abhängig sind, um weiter existieren zu können.

Wäre das ein Modell, das Sie anderen Messeorganisationen empfehlen könnten?

Ich bin generell für eine Privatisierung der Wirtschaft. Das habe ich auch während meiner Bürgermeistertätigkeit bewiesen. Aber ich habe mich bewusst geweigert, die IFEMA zu privatisieren. Wenn wir von Privatinvestionen abhängig wären, müssten wir Dividende zahlen. Aber da es sich um öffentliche Aktivitäten handelt, können wir reinvestieren. Deswegen haben wir alle Erweiterungen ohne die Zusammenarbeit mit den Institutionen, aus denen sich die Messe zusammensetzt, machen können. So waren wir nicht davon abhängig, dass diese Kapital flüssig machten. Ich glaube, dieses ist ein wesentlicher Faktor für eine gute Entwicklung.

Welche Projekte laufen, um die Messe voranzubringen?

Wir erweitern unsere Parkflächen. Damit haben wir dann 12 500 Parkplätze zur Verfügung. Und wir bauen gerade zwei neue Hallen, mit denen unsere Kapazität von 150 000 m2 auf 200 000 m2 wachsen wird. Jede Halle wird 25 000 m2 groß sein.

Wieviel wird dort investiert?

Bei letzten Investition, die wir gerade tätigen, werden wir mehr als 100 Mio. EUR ausgeben, die wir komplett aus eigenen Mitteln, also ohne Kredite, bezahlen.

Wie wirkt sich die IFEMA auf die Wirtschaft der Stadt Madrid aus?

Sie ist sehr wichtig. Madrid benötigt als Dynamisierungsfaktor seiner Wirtschaft und für das Image der Stadt Institutionen, die Besucher anlocken und gleichzeitig Arbeitsplätze und Wohlstand schaffen. Deswegen interessierten uns speziell zwei Dinge: Auf der einen Seite war es der neue Kongresspalast, den wir gebaut haben und auf der anderen Seite die Messe. Inzwischen erwirtschaftet die IFEMA 1 % des Bruttosozialproduktes von Madrid, schafft direkt und indirekt 35 000 Arbeitsplätze und generiert pro Jahr eine Umwegrentabilität für die Stadt Madrid in Höhe von 1,5 Mrd. EUR.

In Berlin soll die Zahl der jährlichen Hotelübernachtungen von 11 Mio. auf 15 Mio. gesteigert werden. Bestehen ähnliche Pläne in Madrid?

Madrid braucht mehr Hotelbetten, vor allen Dingen auch im Hinblick auf die Organisation der Olympischen Spiele. Im Vergleich mit dem Olympiakonkurrenten Paris lag Madrid nur in einer einzigen Hinsicht hinter der französischen Hauptstadt, und zwar in der Anzahl der Hotelbetten. Um Paris zu schlagen, brauchen wir mehr Hotels. Wir wissen ebenfalls, dass dieses auch für die IFEMA sehr wichtig ist. Wenn große Messen anstehen, dann sind auch alle Hotels der umliegenden Städte wie Alcalá de Henares, Toledo und andere voll. Deswegen haben diese Pläne Priorität, aber immer auf der Grundlage einer vernünftigen Planung. Daher wird es auch erlaubt sein, dass Hotelunternehmer ihre Unterkünfte, die nach einer Olympiade nicht mehr gebraucht werden, in Büros oder Wohnungen umwandeln können.

Sie sagten schon, Madrid will Olympiastadt 2012 werden: Wie sehen Sie die Chancen?

Ich glaube, das bestehende Programm ist sehr gut. Die Infrastruktur Madrids erlaubt es, dass die Stadt eine Olympiade organisiert. Aber am Ende werden Paris und Madrid die Gegner sein. Hoffentlich fällt die definitive Entscheidung auf Madrid!

Zurück zum Messegeschäft. Bis wohin reichen die Aktivitäten der Messe?

Wir sind ein Teil Europas und dort wollen wir auch stehen. Andererseits treiben wir auch die Internationalisierung voran. Wir haben Büros in vielen Teilen der Welt eröffnet, in Zentral- und Südamerika, in den USA, in Miami und momentan stehen wir sogar in Kontakt mit China. Es gibt keine Grenzen für uns. Wir haben große Ambitionen, unsere Aktivitäten zu internationalisieren.

Heißt das, dass die IFEMA ins Ausland geht?

Ja, wir sind dabei. Wir stehen in Kontakt mit Unternehmen, die vorhaben, gemeinsame Messen mit uns zu organisieren. Vielleicht werden wir eine Messe in Peking machen; wir haben Möglichkeiten für Aktivitäten in Buenos Aires und in Mexiko.

Wollen Sie sozusagen das spanische Modell auf den Markt bringen?

Ja, wir können nur das exportieren, was wir kennen. So haben wir erreicht, dass China uns akzeptiert. Peking will neue Messen bauen und wir haben den internationalen Wettbewerb zur Umsetzung dieser Pläne gewonnen. Wir entwickeln im Moment ein Projekt für Peking, um den Bau, die Finanzierung, und die Verwaltung von neuen Messen nach unseren Modellen zu realisieren.

Welche sind Ihre absoluten Prioritäten?

Unsere absolute Priorität ist, unseren Bürgern den besten Service zu bieten und zu versuchen, neue Messeaktivitäten zu launchen. Denn die anderen spanischen Städte versuchen, uns Konkurrenz zu machen: Bilbao hat neue Messegelände gebaut, Valencia hat ebenfalls neue und sehr gute Messeeinrichtungen. Und da sind dann die kleineren Städte wie Málaga mit neuem Messengelände. Auch Barcelona, das in der Vergangenheit das Monopol als erster Messeplatz innehatte investiert in neue Messeeinrichtungen. Deswegen, auch wenn wir die Wichtigkeit der Internationalisierung der IFEMA anerkennen, können wir es uns nicht leisten, unsere Inlandskonkurrenz zu vergessen, denn sie wächst.Interview: Bärbel Martens

José Maria Alvarez del Manzano kam in Sevilla (Spanien) auf die Welt. Von 1989 bis 1991 war er stellvertretender Bürgermeister von Madrid. Bürgermeister der spanischen Hauptstadt von Juli 1991 bis Juni 2003. Gleichzeitig mit seinem Bürgermeisteramt war Alvarez del Manzano Präsident der IFEMA und blieb es nach der Beendigung des Amtes bis heute. Alvarez del Manzano ist Doktor Honoris Causa der UNED. Goldmedaille der San Pablo-Stiftung. König Juan Carlos überreichte ihm das Große Marine-Verdienstkreuz. Papst Johannes Paul überreichte dem ehemaligen Bürgermeister von Madrid das große Ordenskreuz von Sankt Gregorio Magno.

m+a report Nr.2 / 2005 vom 23.03.2005
m+a report vom 23. März 2005