Großer Bahnhof mit viel Prominenz

Eröffnungen von Messen sind alles andere als verstaubte Tradition, sondern Zeichen der Wertschätzung gegenüber Gästen und Signal in Richtung Wirtschaft.

Als am 11. März die Eröffnungsfeier ITB Berlin, über die Bühne ging, konnten sich 5000 geladene Gäste an hochkarätigen Rednern und unterhaltsamen Highlights erfreuen. Polit- und Medienprominenz gab sich das Mikro in die Hand und nachdem Bundeskanzler Gerhard Schröder die ITB offiziell eröffnet hatte, führte Moderator Johannes B. Kerner durch den Abend. Die Bundesminister Wolfgang Clement und Otto Schily, Lennart Johansson, UEFA Präsident und Vorsitzender des FIFA WM 2006 Organisationskomitees Deutschland, Franz Beckenbauer sowie Oliver Bierhoff waren unter den VIPs, die die Bühne füllten.

Großer Bahnhof herrscht aber nicht nur in Berlin. Andere Messen, andere Städte und andere Länder setzen ebenfalls auf den Big Bang zum Messeauftakt. Von überholten Traditionen oder verstaubten Gewohnheiten - man macht es halt, weil es immer so war - kann keine Rede sein. Außerdem wollen die Messegesellschaften und Veranstalter natürlich auch ihre Gäste willkommen heißen. So ist es in Frankfurt Tradition, dass neben den Ausstellern, Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Kultur, das Corps Consular und Medienvertreter eingeladen werden. Zur Ambiente kamen beispielsweise 350 geladene Gäste. Ziel der Feierstunde war es in erster Linie, die Aussteller auf die kommenden Tage einzustimmen und natürlich die Vertreter der Medien für die Messethemen zu begeistern. Für die Ambiente zum Beispiel gilt jedes Jahr aufs Neue: Der Verlauf der Messe wird traditionell als Indikator für die Wirtschaftsentwicklung herangezogen und ist daher nicht nur für die Konsumgüterindustrie interessant. Das heißt aber auch, dass die gewählten Themen einer Eröffnung wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Art (Konjunktur, Globalisierung, Konsumverhalten) sind. In diesem Jahr konnten die Frankfurter Alberto Alessi begrüßen, dessen geniales Design und Vermarktungsstrategien für die Konsumgüterbranche wegweisend waren. Aber auch Landespolitiker wie Ministerpräsident Roland Koch sind gerne zu Gast. Vertreter von Bund, Land und Stadt Frankfurt wechseln sich ab. Die Ambiente wird dabei allerdings vorrangig durch Bundesvertreter eröffnet: Im Jahr 2004 war es zum Beispiel Außenminister Joschka Fischer.

Bei aller Bedeutung der Eröffnung und ihrer kleinen Zeremonien. Sie ist kein Muss mehr im Messegeschäft. Der offizielle Startschuss kann auch anders aussehen. Bei der Messe Frankfurt hat man sich auf neue Zeiten und neues Geschäftsverhalten eingestellt, da eigene Eröffnungsveranstaltungen im kurzen und hektischen Messezeitraum nicht mit den Terminen der Aussteller vereinbar sind. Oft wird dann die Eröffnung im Rahmen eines Ausstellerabends gemeinsam mit einer Preisverleihung zelebriert. Oder es wird ein anderer Rahmen gewählt, wie etwa bei der Automechanika 2004. Damals fand ein Arbeitsfrühstück mit dem Hessischen Ministerpräsidenten und den Ausstellern aus Hessen statt. Oder anlässlich der Verleihung des Musikpreises der Stadt Frankfurt durch die Oberbürgermeisterin Petra Roth im Rahmen der Musikmesse 2004 im Kaisersaal mit Udo Lindenberg.

Andere Länder, andere Sitten: In Asien und auch im Mittleren Osten ist der zeremonielle Teil einer Eröffnung ein sehr wichtiger. Anders als in Deutschland ist der Rahmen noch stärker vom Protokoll bestimmt. Aber auch die Intention der Zeremonien ist durchaus von kulturellen Unterschieden geprägt. Frank Venjakob, Eventmanager und verantwortlich für das Eigengeschäft der Nürnberg Global Fairs, kennt die verschiedensten Mentalitäten: "Im Mittleren Osten, in Bahrain zum Beispiel, gibt es oft einen offiziellen Schirmherrn für eine Messe. Der hat dann auch seinen Auftritt und kommt tatsächlich nur zum Band durchschneiden." Doch die Symbolik dieses Aktes solle niemand unterschätzen. In Bahrain etwa zeige man seinen Stolz darüber, dass eine internationale Veranstaltung im eigenen Land stattfinde. "Man will seine Wertschätzung gegenüber den Ausstellern zeigen. Daher schicken die Gastgeber auch hochrangige Vertreter." Der ganze Rahmen sei sehr feierlich. Das werde auch dadurch deutlich, dass zur Eröffnung aus dem Koran gelesen werde und ein eigener Raum mit Blumenschmuck, Sofas und Sesseln ausgestattet werde.
Trotz der ähnlichen Zeremonie des Band Zerschneidens - in Japan geht eine Eröffnung im Gegensatz zu Bahrain oft recht schnell über die Bühne. Ein kleines Podest vor der Messe reicht aus, um den symbolischen Akt zu vollziehen. Das heiße allerdings auf keinen Fall, dass die Hierarchien in Japan weniger wichtig seien, so Venjakob. Im Gegenteil. Wer immer die Ehre der Eröffnung habe, sei sehr wichtig für die Gestaltung der Messe. Da werde genau abgewogen zwischen Ministerien, Verbänden und auch Funktionären. Eine hochpolitische Geschichte also, in der die Japaner sich so lange zurück hielten, bis sie wissen, welche Position die Gäste innehaben, damit diesen auf jeden Fall das hierarchische Pendant gegenüber gestellt werden könne. Peinliche Situation müssten auf jeden Fall vermieden werden. Natürlich gilt weltweit, was auch für Deutschland gilt: Die Medienpräsenz ist wichtig. In Bahrain etwa genießen Messeeröffnungen eine große Medienaufmerksamkeit, sowohl in den Zeitungen als auch im Fernsehen. Nicht zuletzt ist aber eine Eröffnung gerade im internationalen Geschäft auch ein Forum für politische Botschaften. In Japan sei es durchaus möglich politische Statements in seine Rede einzubauen, um zum Beispiel auf etwaige Handelshemmnisse hinzuweisen. Wie überall kommt es auf die Verpackung an - Diplomatie ist gefragt, denn der andere darf nicht das Gesicht verlieren. Nicht zu unterschätzen ist auf jeden Fall, dass Entscheider mit wenig Zeit während einer Messeeröffnung die Möglichkeit haben, sich in anderem, als ausschließlich geschäftlichem Rahmen zu treffen und auszutauschen. Das gibt Raum für neue Begegnungen. "Grundsätzlich ist aber: Eröffnungen dienen neben dem Messegeschäft dazu, Erlebnisse zu schaffen, Informationen auszutauschen und dem Networking", sind auch die Frankfurter überzeugt. Annic Kolbrück

m+a report Nr.2 / 2005 vom 23.03.2005
m+a report vom 23. März 2005