Mit Imageanalyse und viel Herzblut

Die CeBIT gehört für den Walldorfer Softwarekonzern SAP zu den wichtigsten Marketinginstrumenten - sofern sie sich nicht zu einer Consumermesse entwickelt.

Es gibt zwei Arten von Messen, die das Walldorfer Unternehmen für sich nutzt: IT-Messen wie die CeBIT und die Systems in München, aber auch andere Fachmessen wie die Hannover Messe oder die Medica in Düsseldorf. "Hier treffen wir andere Besucher", so Ralf Strauss, Leiter Marketing SAP Deutschland. Die Fachmessen seien wichtig für die Fachbereichsleute, die IT-Messen würden von einer anderen Klientel besucht. "Von den Zielgruppen her ergänzen sie sich sehr gut."

Die CeBIT gehört für SAP zu den wichtigsten Veranstaltungen im Rahmen des Marketingmixes. Marie-Louise Schütt, Director Event Marketing, verfolgt mit der Messebeteiligung viele Ziele. Es geht nicht nur darum, Image und Präsenz zu zeigen. "Wir wollen den innovativen Charakter dokumentieren, klar - Neuigkeiten zeigen - und uns als ,SAP zum Anfassen‘ darstellen. Für die Kunden ist es sehr wichtig, die Menschen kennen zu lernen, die SAP sind. Wir wollen zuhören und den Dialog mit unseren Besuchern. Es geht um Glaubwürdigkeit, um Vertrauen, um Sicherheit - die zentralen Grundwerte der Marke."
Auch der Nachwuchsförderung komme große Bedeutung zu. Und natürlich gehe es um die Suche nach neuen Kontakten. "Wir präsentieren uns in Hannover dem Gesamtmarkt und stellen uns dem Wettbewerb. Microsoft zum Beispiel steht vis-a-vis auf der anderen Seite des Hallenganges", ergänzt Ralf Strauss "Das ist ja auch eine der Funktionen der Messen: Mitbewerb schafft Markt."

Deshalb käme es SAP auch nicht in den Sinn, Messeauftritte aus dem Marketinginstrumentarium zu streichen. Sie sind Elemente innerhalb von Kampagnen - und Umsatzbringer. "Sie sind ein wichtiger Bestandteil, um Geschäfte zu machen." Leider könne man den auf und durch Messen generierten Umsatz nicht immer eindeutig messen. "Wir wissen nicht genau, ob der Auftrag eine Folge des Messeauftritts ist respektive, was dem Auftrag auf der Messe vorausgegangen ist." Das heißt aber nicht, dass Ralf Strauss dem Instrument nur wohlwollend gegenübertritt. "Jeder Messeauftritt steht regelmäßig auf dem Prüfstand, ob sie den Anforderungen und Kriterien zur Zielerreichung erfüllen." So auch die CeBIT, die - so sie sich in eine Consumermesse entwickeln sollte - für SAP an Bedeutung verlieren würde.

Entscheidende Unterschiede zwischen den einzelnen Messeveranstaltern kann Ralf Strauss nicht ausmachen. Als Vertreter von SAP, als "Hecht im Karpfenteich", ist er sich sehr wohl bewusst, dass sich die Messegesellschaften "sehr um uns bemühen. Das kann man auch ganz selbstbewusst sagen."
Messe ist, wo Wettbewerber auch sind. Kunden und "heiße Interessenten" werden darüber hinaus auf die Hausmessen von Europas größtem Softwarekonzern geladen. Sapphire heißen sie und haben, so Marie-Louise Schütt, "sehr emotionalen Charakter. Sie sind eine Mischung aus Kongress und Ausstellung und zeigen fast ein bisschen ,Laborsituation‘." Transparenz heißt das Zauberwort auf diesen Veranstaltungen. Das heißt: Den Kunden werden tiefere Einblicke in neueste Programmentwicklungen gewährt. "Nichts überzeugt heiße Interessenten mehr, als inmitten glücklicher SAP-Kunden zu stehen", beschreibt Strauss die Aufgabe der Hausmessen, die jährlich in Europa, Amerika und Asien stattfinden. "Es ist die Plattform, auf der wir unseren Kunden Neuerungen detailliert präsentieren und auf der die Besucher sie hinterfragen können", sagt Schütt.

Alle vier bis fünf Jahre überarbeitet SAP seinen Messeauftritt. In diesem Jahr ist es wieder soweit. Offenheit und Transparenz sind auch hier die Schlagworte. Für Marie-Louise Schütt ist die Architektur Marke in der dritten Dimension, das Lebendigwerden der Marke innerhalb der Architektur. "Innovation kann man überall draufschreiben. Man muss sie auch sehen können. Mit dem neuen Auftritt gelingt uns das sehr gut", ist sie überzeugt. "Seit dem Platzen der Internetblase ist das Standing eines Unternehmens sehr relevant. Das Produkt ist unser Unternehmen. Für uns ist es wichtig, gesehen und als innovativ, offen und transparent wahrgenommen zu werden", unterstreicht sie die Bedeutung des neuen Standkonzeptes, das Akzente setzen wird.
Seit knapp einem Jahr arbeitet das SAP-Team an dem neuen Auftritt. Eine Imageanalyse war gleichzeitig Briefing an sieben Agenturen. Das Ergebnis waren, so Strauss, "sehr unterschiedliche Ansätze". Marie-Louise Schütt äußert sich erstaunt, dass "sich häufig Funktionalität und Design gegenseitig ausschlossen. Agenturen, die auf Funktionalität geachtet haben, vernachlässigten das Design und umgekehrt. Natürlich ist Funktionalität für ein IT-Unternehmen wichtig, aber auch das Design." Die niederländisch/deutsche Agentur Totems schließlich überzeugte die Walldorfer. "Mit einer Analyse transportiert man auch Gefühle. Totems hat das verstanden und das Gesamtkonzept sehr gut umgesetzt. Das Unternehmen will sich öffnen, klare Strukturen aufzeigen. Der Stand kommuniziert das sehr gut, dokumentiert Transparenz, Dialogbereitschaft und -fähigkeit. "Strauss: "Die Marketingziele stehen im Vordergrund."

Auf den Auftritt freut sich das Messeteam jetzt schon, fiebert ihm nach einem Jahr "mit viel Herzblut" entgegen, will den Stand endlich in natura sehen. "Wir haben immer Burgen gebaut, jetzt machen wir auf. Also keine Mauern mehr, voller Fokus auf Begegnungen - auch Prozesse werden einfacher durch Offenheit!" "Wir schaffen eine Plattform, betonen die Beziehungsebene und die Bedeutung der Face-to-Face-Kommunikation. Wir präsentieren uns offen und transparent, alle Zielgruppen einladend. Das gilt auch für unsere Partner, die sich auf dem Stand darstellen", sagt Schütt. "In der analytischen IT-Welt ist es wichtig, Emotionen zu schaffen. Nur so können wir SAP erlebbar machen."

Den größten Wunsch an die weltgrößte Messe formuliert Ralf Strauss: "Dass sich die pessimistische Situation wieder umkehrt und sich Qualität durchsetzt, es in unserem Segment so richtig abgeht. Die Auswirkung der CeBIT darf nicht unterschätzt werden." Und: "B2B ist uns wichtiger als B2C." Christiane Appel

m+a report Nr.1 / 2005 vom 11.02.2005
m+a report vom 11. Februar 2005