Weitere Standbeine zum Messebau?

Wo es sich anbietet, werden zusätzliche Leistungen erbracht. Ansonsten wird auch in Zukunft der Schwerpunkt auf die Kernkompetenz Messebau gesetzt.

Der deutliche Knick in der deutschen Wirtschaft im Jahr 2001 hat unter anderem zu einer Diversifizierung des Leistungsspektrums von Messebauunternehmen und -architekten geführt. Der m+a report befragte ausgewählte Unternehmen dieser Sparte zu ihren Erfahrungen, Alternativen und Aussichten:
1. Erschließen Sie sich weitere Tätigkeitsbereiche zum Messebau und wenn ja welche?
2. Zählt Ladenbau zu Ihren Leistungen?
3. Inwieweit sind Messe- und Ladenbau vergleichbar?
4. Zu welchem Anteil führen Sie messeunabhängige Projekte durch?
5. Gibt es Probleme durch die Spezialisierung auf den Messebereich beziehungsweise durch ein Auffächern des Portfolios?
6. Welche Erwartungen setzen Sie in das Jahr 2005?

Werner Hasskerl, Sprecher der Geschäftsführung der mac messe- und ausstellungscenter Service GmbH, Langenlonsheim:
zu 1: In folgenden Bereichen sind wir bereits tätig oder bewerben uns um Aufträge: Eventbau (z. B. Hauptversammlungen), Sportevents (Tennis und Golfturniere), Produkteinführungen, Hausmessen, Kongresse und Roadshows. Insbesondere für unsere großen Kunden wie SAP und Viessmann realisieren wir derartige Projekte im In- und Ausland.
zu 2: Aufträge zum Laden- und Innenausbau, zum Ausbau von Showräumen beziehungsweise "Shop-in-Shop"-Lösungen werden von mac nicht aktiv akquiriert. Für Stammkunden werden diese Leistungen angeboten und realisiert. Beispielhaft wurden für unseren Kunden Loewe Verkaufs- und Präsentationsräume in Berlin und München ausgebaut sowie vom Kunden vorgegebene "Shop-in-Shop"-Systeme gefertigt und im In- und Ausland ausgeliefert.
zu 3: Vom Design über die handwerkliche Ausführung sind Messe- und Ladenbau durchaus vergleichbar. In der Auftragsausführung liegt beim Ladenbau das größte Problem in meistens nicht fixierten beziehungsweise durch verspätete Vorarbeiten nicht eingehaltenen Terminschienen. Wir registrieren in diesem Bereich zudem ein relativ niedriges Preisniveau bei relativ hohen Qualitätsanforderungen.
zu 4: Circa 15 % unseres Umsatzes erwirtschaften wir mit den unter 1) und 2) genannten Tätigkeitsbereichen.
zu 6: Für 2005 erwarten wir, dass die Talsohle für die deutsche Wirtschaft insgesamt und für das Messewesen insbesondere durchschritten ist und sowohl die Ausstellerzahlen als auch die Größe der Messen und Ausstellungen (belegte Nettoquadratmeter) wieder wachsen. Zugleich hoffen wir, dass das Preisdumping der letzten Jahre für Messebaudienstleistungen bei gleichzeitig weiter extrem verkürztem Vorlauf von Auftragsvergabe über Auftragsklarheit bis zur Realisierung wieder auf ein normales beziehungsweise partnerschaftlich vertretbares Maß zurückgeführt wird.

Stephan Tillmann, Sales Manager, Waskönig GmbH, Essen:
zu 2: Ladenbau gehörte einst auch zum Leistungsportfolio von Waskönig, wurde aber in den letzten Jahren - sicherlich auch in Ermangelung diesbezüglicher Anfragen - nicht mehr ausgeführt.
zu 3: Der wichtigste Unterscheidungspunkt ist zweifellos die Dauer der Produkthaftung, wenngleich dieses natürlich nicht die Qualität der Ausführung eines Messestandes betreffen sollte.
zu 4: Prozentualer Anteil von Events deutlich unter 10 %, ansonsten zumeist messeähnliche Projekte wie Kongresse, Ausstellungen oder Ähnliches.
zu 5: Eigentlich ist Waskönig bereits seit fast 75 Jahren relativ problemlos auf Messebau spezialisiert.
zu 6: Die Stabilisierung des Marktes und ein leichter Anzug der Konjunktur werden sich auf die Auftragssituation - auch im Bereich des Sektors Messebau - auf längere Sicht hin positiv auswirken.

Mossadegh Hamid, Dimah Messe + Event GmbH, Ostfildern:
zu 2: Teilweise.
zu 3: Ladenbau ist Innenausbau beziehungsweise Architektur und Messebau ist 3-D-Architektur.
zu 4: Zurzeit 50 %.
zu 5: Nein.
zu 6: Wir haben das Jahr 2005 zum Jahr des Lernens erklärt, also mehr Qualifizierung, aber auch mehr Umsatz.

Andrea Walburg, H. Troschke GmbH & Co. KG, Mörfelden Walldorf:
Wir sind nicht im Ladenbau aktiv. Unsere Tätigkeit konzentriert sich zu 90 % auf den Messebau. Unsere Tätigkeit teilt sich zum einen in reine Montageleistungen inklusive Logistik von Standardsystemen und zum anderen in Planung, Produktion und Montage individueller Standgestaltungen für den Mittelstand.
Probleme bereiten uns natürlich die momentan sehr umkämpften und leider immer weniger werdenden Aussteller in der Neukundenakquise. Daher prüfen wir sehr genau sowohl das Engagement der potenziellen Kunden bei einer Wettbewerbssituation als auch die gemeinsame Ausrichtung beider Unternehmen. Unsere Tätigkeiten richten wir auf unterschiedliche Branchen aus und wollen eine Konzentration auf bestimmte Branchen nach Möglichkeit vermeiden. Dies ist ein Prozess, den wir vor Jahren begonnen haben und der noch einige Zeit benötigen wird.
Für 2005 erwarte ich ein weiteres schwieriges Jahr, obwohl ich feststellen durfte, dass die Tendenz absolut steigend ist. Die Kunden finden alte Werte wie Vertrauen und Loyalität wieder und legen wieder mehr Wert auf Zwischenmenschlichkeit und gute Geschäftsbeziehungen. Ziele werden klarer formuliert und den Umgang miteinander empfinde ich als ehrlicher.
Nichtsdestotrotz brauchen wir noch etwas Geduld und müssen nach wie vor sehr schnell und flexibel reagieren. Ich erhoffe mir mehr positive Begegnungen und weniger enttäuschende.

Stefan Türke, Atelier Türke, Balingen:
zu 1: Wir bieten schon immer das komplette Paket Messebau an. Das heißt, unser Tätigkeitsbereich für einen Kunden kann größer und kleiner sein. Allerdings gehört der Entwurf grundsätzlich dazu. Da wir im Verbund mit Werbeagentur und Internetagentur im gleichen Haus arbeiten, können wir unser Angebot beliebig erweitern. Der Trend, mit einem Ansprechpartner alles abzudecken, ist unsere Chance.
zu 3: Ladenbau ist nur bedingt mit Messebau vergleichbar. Wir überlassen dies den Ladenbaufirmen.
zu 4: Die Prozentzahl der messeunabhängigen Projekte ist bei uns gering.
zu 6: Wir hoffen, dass 2005 besser wird, als es im Moment aussieht.

Guido Beham, Marketing Management, Atelier Seitz GmbH, Niederneuching/München:
zu 2: Ja.
zu 3: Prinzipiell liegt der Unterschied in der Bau-Ausführung (Messe = zeitlich begrenzter Einsatz, Laden = dauerhaft). Bei Atelier Seitz ist der Unterschied verhältnismäßig gering, weil unsere Messestände ohnehin qualitativ hochwertig und für vielfachen Einsatz konzipiert sind.zu 4: Zunehmend, derzeit circa 20 %.
zu 5: Atelier Seitz hat durch die eigenen Werkstätten, in denen 20+ handwerklich qualifizierte Mitarbeiter (nicht ein Hilfsarbeiter) tätig sind, keine die Frage betreffenden Probleme.
zu 6: ..., dass die positive Entwicklung der vergangenen Zeit anhält.

Rainer Busse, mm messe-manufaktur GmbH, Braunschweig:
zu 2: Nein, ist im Grundsatz nicht unser Gebiet. Wir haben allerdings auch Erfahrungen im Shopbereich, gehen aber nicht aktiv damit an den Markt.
zu 3: Mehr Detailplanung notwendig. Nicht ausreichend Kreativität in der Gestaltung möglich, viel geht über Agenturen oder Architekten.
zu 4: Kleine Verkaufsaufträge und Eventgeschichten machen höchstens einen Anteil von 10 % des Gesamtumsatzes aus.
zu 5: Wir haben durch den Fokus auf den Messebau unsere Erfahrungen und Kenntnisse optimal im Einsatz. Dadurch ergeben sich für uns keine Probleme.
zu 6: Wir rechnen mit einem moderaten Umsatzrückgang, der aber durch den Messezyklus bedingt ist.

Rainer Pawlaczyk, Schendel & Pawlaczyk Messebau GmbH, Münster:
zu 2: Nein.
zu 3: Messe nur temporär, marketingorientierter, Design reicht lange nicht aus, Laden ist fast nur Warenpräsentation, auf Verkauf ausgelegt ...
zu 4: 1 %
zu 5: Im Gegenteil: einzige Chance.
zu 6: Gute, etwas ruhiger als 2004 (2004 war extrem gut).

Thomas Schüttpelz, Geschäftsführer, Voblo GmbH & Co. KG, Velbert:
Der Ladenbau macht bei Voblo inzwischen nur noch maximal 5 % des Jahresumsatzes aus und ist daher keine Kernleistung von Voblo mehr. Wir haben uns in dieser Hinsicht von der Tradition als Schreinereibetrieb gelöst und uns zu einem innovativen Messebauunternehmen entwickelt, das den Fokus auf eine professionelle Beratung, Planung und Durchführung von gesamten Messekonzepten setzt.
Hauptunterschied in der Auftragsausführung Ladenbau/Messebau ist sicherlich der langfristig geplante Einsatz für die Festinstallation im Ladenbau gegenüber dem kurzfristigen Einsatz im Rahmen einer Messe. Dies spiegelt sich hauptsächlich in der Materialauswahl und der Art und Weise der Konstruktion wider. Im Messebau wird hier vielfach auf eine Modulbauweise zurückgegriffen, die sich auch aufgrund der kurzen Montagezeiten anbietet. Darüber hinaus entfällt im Ladenbau die Demontage. In der Auftragsabwicklung stehen hier dem fixen Endtermin "Messebeginn" in der Regel variablere Ausliefertermine gegenüber. Gemeinsamkeiten bestehen in der Anfertigung einzelner Module wie zum Beispiel Theken oder Displays, die bei Voblo in der Regel Ladenbauqualität haben und somit sehr langlebig sind.
Wir halten die Ergänzung des Portfolios durch gewisse Servicebausteine, die den Messeauftritt komplettieren für sinnvolle Erweiterungen, wie wir sie auch bereits durchgeführt haben. Beispiel sind die Organisation von Catering- und Hostessen-Services in Zusammenarbeit mit externen Partnern. Dennoch denken wir, dass eine Spezialisierung auf eine Kernleistung (bei Voblo der konventionelle Messebau im Full-Service) sinnvoll ist, da es für den Kunden auch wesentlich transparenter ist.
2005 ist leider ein nicht so starkes Messejahr wie 2004. Dennoch denken wir unseren Umsatz aus 2004 halten zu können.

Hermann Malms, Werbe- und Messebau Walbert-Schmitz GmbH & Co. KG, Aachen:
Es zählt unserer Erfahrung nach zur gängigen Sichtweise, dass wer Messebau kann, auch Ladenbau beherrscht und dies als die naheliegendste Erschließung neuer Tätigkeitsbereiche betrachtet.
Wir sehen hier jedoch gravierende Unterschiede und nicht unerhebliches Problempotenzial, da wir als klassischer Messebauer über exzellente Erfahrungen im Errichten von temporären Bauten verfügen, jedoch der Ladenbau eher für die "Ewigkeit" gedacht ist. Dieser Unterschied lässt sich sicherlich planerisch und fertigungstechnisch beherrschen. Jedoch stellt die langjährige Gewährleistungsfrage im Rahmen der VOB im Messebau völlig unbekannte Anforderungen, die uns bei temporären Bauten fast gar nicht begleiten, ausgenommen natürlich Haftungsschäden.
Darüber hinaus schulen wir unsere technischen Projektleiter explizit in der Entwicklung von kostengünstigen "Leichtbauweisen". Und im hochwertigen Ladenbau sind nun einmal völlig andere Anforderungen gestellt, was ungefähr bedeuten würde, als technischer Projektleiter vormittags Linkshänder und nachmittags Rechtshänder zu sein.
Für unser Haus sehen wir eine profitable Ergänzung von Tätigkeitsbereichen, die sich grundsätzlich mit dem Errichten von temporären Bauten beschäftigen, denn darin besitzen wir die Kernkompetenz und nur in ausgewählten Einzelfällen für Stammkunden realisieren wir Innenausbauten, Showrooms oder Ladeneinrichtungen. Zu temporären Bauten zählen wir als Erweiterung des Portfolios Hausmessen, Roadshows und Hauptversammlungen.
Insgesamt nimmt der Bereich der messeunabhängigen Projekte circa maximal 15 % des Gesamtumsatzes ein.
Für das Jahr 2005 erwarten wir eine Stabilisierung der Messekonjunktur mit leichten Aufwärtstendenzen für das zweite Halbjahr.

Martin Klein, Display-Messebau GmbH, Essen:
zu 1: Ja: Konzeption und Durchführung von Events.
zu 2: Ja.
zu 3: Konzeptionelle Unterschiede, unterschiedliche Strategien zur Zielerreichung, unterschiedliche Gewichtung der Produktpräsentation, unterschiedliche Zielausrichtung Fachbesucher/Konsument.
zu 4: Circa 5 %.
zu 5: Erwerb beziehungsweise Transfer von Know-how.
zu 6: Fortsetzung des positiven Gesamttrends.

Andreas Damböck, Atelier Damböck Messebau GmbH, Neufinsing:
zu 2: Selbstverständlich. Wir haben deutschlandweit Displays für Logitech verwirklicht, welche als Shop-im-Shop-System in diversen Elektronikgroßmärkten stehen.
zu 3: Messe- und Ladenbau sind durchaus vergleichbare Leistungen, wobei beim Ladenbau eine längere Nutzung und höhere Haltbarkeit notwendig sind. In den kreativen Leistungen, den knappen Aufbau- beziehungsweise Umbauzeiten, dem Termindruck, gibt es kaum Unterschiede.
zu 4: Messeunabhängige Projekte machen etwa 20 % unserer Projekte aus.
zu 5: Für die eigenen Messebaukunden auch Ladenbauprojekte mitzumachen ist eine reizvolle Abwechslung und eine gut zu kombinierende Sache. Messedisplays funktionieren durchaus auch im Laden. Unser Kerngeschäft bleibt das Messe- und Eventgeschäft.
zu 6: Wir schauen positiv in die Zukunft und freuen uns auf die Projekte, die kommen. Gerade in schwierigen Zeiten wird unser Kampfgeist geweckt und meist belohnt. Umfrage: Anja Müller

m+a report Nr.1 / 2005 vom 11.02.2005
m+a report vom 11. Februar 2005