Weniger ist mehr. Auf ist ab. Die Comdex ist weg

Die Nachricht, dass die Comdex dieses Jahr "verschoben" würde, hatte an einem Frühsommermorgen, als die meisten nicht auf große Sensationen eingestellt waren, an vielen Orten zu Hektik und Aufregung geführt. Sie sorgte auf jeden Fall in unserer Redaktion für einen Adrenalinstoß, während sich die Redakteure beeilten, die Neuigkeit an die Abonnenten unseres e-mmediate news alerts zu schicken - gleichzeitig Anrufe von Journalisten der allgemeinen Presse abfangend, die nach mehr Informationen suchten als die, die sie von MediaLive International zu diesem Zeitpunkt bekommen hatten.
Die Comdex-Nachricht hat die Neugier derer in der Messewirtschaft angestachelt, von denen viele ihre Gefühle von "How the mighty have fallen" neben ihre Lieblingsanekdote von Fred Rosen, dem Chef des Comdex-Veranstalters, platziert haben. Und sie gestattete es der breiteren Nachrichten konsumierenden Öffentlichkeit, einige vielleicht falsche Schlussfolgerungen zu ziehen - nicht über Messen, aber über den Technologiesektor.
Fast ein Jahrzehnt lang symbolisierte die Comdex - vielleicht zu unrecht - den Aufstieg und Fall dieses Wirtschaftsbereichs. Und dieser letzte Bericht gab einigen Leuten alle Informationen, die sie dachten zu brauchen, um zu einer weiteren Schlussfolgerung zu kommen. In den späten 90ern repräsentierte die bloße Massivität der Comdex das Beste und Schlechteste einer Dotcom-Economy - ein Begriff, der kaum noch großzügig verwendet wird -, die sich schneller bewegte als die Technologie, von der erwartet wurde, dass sie sie stützte.
Dann, als die berüchtigte Dotcom-Blase geplatzt war, wurde die Comdex für ihren rasanten Absturz bekannt. Dies betraf ihre Bedeutung (umgeben von viel verbreiteten Geschichten über aufgeblähte Besucherzahlen), der Schritt von Key3Media in den Konkurs, die Reorganisation als MediaLive und, letztendlich, diese "zeitliche Verlegung". Diejenigen, die ihre Nachrichten über den CNBC-Sender erfahren, sagen: "Seht, mit der Technik ist es vorbei." In der Messewirtschaft ist die Lehre nicht so offenkundig wie die, die die CNBC-Leute gelernt zu haben glauben. Es ist die Geschichte, die sich Messeprofis selbst erzählen, selbst wenn sie nicht so schön anzuhören ist: Weniger ist mehr, größer ist nicht besser.
Trotz International CES könnte das Zeitalter der Gigamessen, die sich über mehrere Messezentren ausbreiteten und die Aussteller in die unmöglichsten Ecken und Nischen quetschten, vorbei sein.
MediaLive-Vertreter, widerstrebende Wächter eines Symbols, verstanden das und redeten mit Vertretern der Presse bis sie schwarz wurden über ihre Pläne, einen großen Karneval in einen kleineren, intimeren und effektiveren Treffpunkt für Menschen mit realem Interesse für reale Produkte umzuwandeln. Aber, wie Skip Cox von Exhibit Surveys sagt: "Sie hatten Altlasten, aus denen nichts werden konnte."
Wo auch immer ich hingehe, sagen mir Messeveranstalter, dass sie nun weniger mit überfüllten Hallengängen als mit Ausstellern befasst sind, die darüber glücklich sind, dass sie mit einigen festen Anhaltspunkten davon gekommen sind. Sie sagen, dass sie lieber eine relative Handvoll hoch qualifizierter Entscheider - sowohl Einkäufer als auch Verkäufer - in eine komfortable Umarmung locken würden, als dass sie ihre Messe an der Spitze der Tradeshow-Week-200-Veranstaltungen sehen wollten.
Dann sagen sie mir, dass sie ermutigt sind - und betrachten es als gutes Zeichen -, wenn sie unseren neuesten Quartalsbericht lesen und erfahren, dass die gesamte Nettofläche sich im ersten Quartal 2004 gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres um 1,2 % erhöht hat. Alte Gewohnheiten sind schwer zu ändern.
Dies ist nicht nur ein amerikanisches Phänomen. Bei einem kürzlichen UFI-Treffen erzählte mir der gegenwärtige Präsident des Verbandes, Ruud van Ingen, dass die europäische Messewirtschaft den einen oder anderen Trick von der amerikanischen lernen könne. "Wir waren Verkäufer, nicht Händler", so van Ingen. Er sagte, dass europäische Messeveranstalter zu lange der Meinung gewesen waren, dass sie nur Zehntausende Aussteller und Hunderttausende von Besuchern in eine hohle Messehalle stecken müssten und ihre Arbeit sei getan. Aber, wie alle Unternehmer überall auf der Welt, finden auch die europäischen Geschäftsleute heraus, dass es mehr als einen Ort gibt, um nach einem Kunden zu suchen.
"Jetzt", sagte van Ingen, "muss es Spaß machen, zu einer Messe zu gehen."
Was ist also die Antwort, auf beiden Seiten des Atlantiks, auf dieses Dilemma? Expansion. Jeder Veranstalter, der noch nicht in Peking gewesen ist, erkundigt sich jetzt nach den Flugtarifen. Deutsche Messen lancieren Veranstaltungen in New York. Und sie bemühen sich alle, die Bedeutung des Beitritts von Slowenien und der Slowakei in die EU zu analysieren, oder machen sich Gedanken über verfügbare Ausstellungsfläche im Guangdong-Gebiet.
Aber nehmen wir noch einmal den neuen Quartalsbericht von Tradeshow Week. Selbst wenn man in dieser besonders Schönen Neuen Welt von einem Zuwachs der Netto-Ausstellungsfläche von 1,2 % ermutigt werden kann, kann man nicht viel Trost in der dazugehörigenTatsache finden, dass die Gesamtbesucherzahl nur um 0,6 % und die Zahl der Aussteller um 0,3 % zugenommen hat.
Das ist schwer zu schlucken. Letztendlich wird größer nicht besser sein. Weniger wird mehr sein. Michael Hart

Michael Hart ist Chefredakteur der Tradeshow Week.

Kontakt: hartm@reedbusiness.com

m+a report Nr.6 / 2004 vom 24.09.2004
m+a report vom 24. September 2004