US-Aussteller konzentrieren sich auf ihren Heimatmarkt

Die Geschäfte der deutschen Messen mit dem US-Markt stocken. Hannover und München melden einen Teilrückzug. Nischenthemen entwickeln sich dennoch positiv.

Erst 1999 hatte die Messe München eine eigene Tochtergesellschaft in Chicago gegründet. Sie sollte das Nordamerikageschäft in Schwung bringen. Ende Juli mussten die Münchner nun bekannt geben, dass sie die ElectronicaUSA, deren Premiere im März 2004 vom Stapel lief, nicht fortsetzen werden und die Tochtergesellschaft Munich Trade Fairs North America (MTFNA) schließen. Als Gründe nennt Eugen Egetenmeir, stellvertretender MMG-Geschäftsführer, die gesamtwirtschaftliche Situation in den USA und eine strategische Neuorganisation des Nordamerikageschäfts. Die Zahl der US-Aussteller auf den Veranstaltungen der MMG hat sich - teils turnusbedingt - seit 2000 von 641 auf 370 im Jahr 2003 verringert. Das ist nur ein Beispiel. Glücklos derzeit auch die Hannoveraner: Anfang August wurde die CeBIT America 2005 bis auf weiteres verschoben. Zu Beginn des Monats traf es auch noch die Biotechnica America, die 2003 erstmals an den Start gegangen war. Diese Entscheidungen sind nur die Spitze des Eisberges: Das Messegeschäft mit den USA läuft so schleppend wie nie zuvor. Für einen Erfolg müsse man sich ins Zeug legen - sonst läuft nichts, berichten die Repräsentanten vor Ort. Zudem fehlen den deutschen Messegesellschaften die nötigen Finanzmittel für teure Investments in einen schwierigen Markt.

Lag der Anteil der US-Aussteller auf den führenden deutschen Messen 1997 noch bei 7,7 %, ist er kontinuierlich auf zuletzt 5,6 % gesunken. Bis zum Jahr 2000 rangierten die USA regelmäßig unter den ersten drei stärksten internationalen Ausstellerländern, rückten dann auf Platz vier und wurden im vergangenen Jahr erstmals von China auf Platz fünf verwiesen. Die Entwicklung bei den großen deutschen Messen spiegelt die Handelsbilanzen zwischen Deutschland und den USA. Nach wie vor gelten die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen als "weitgehend problemfrei", so das deutsche Außenministerium. Die USA sind wichtigster Handelspartner Deutschlands außerhalb der EU. Zugleich sind die USA größter internationaler Investor in Deutschland. Der bilaterale Handelsverkehr in Waren hat in den vergangenen drei Jahren allerdings abgenommen: Die deutschen Exporte sind zwischen 2001 und 2003 von 67,3 Mrd. EUR um über 8 % gefallen. Gleichzeitig nahm der Import aus den USA um 14 % ab. Die Amerikaner indes importieren mehr aus Deutschland, die Quote hat sich zwischen 2001 und 2003 von 59,2 Mrd. $ auf 68 Mrd. $ erhöht.

Der Abwärtstrend bei den Messebeteiligungen verlangsamte sich zwar im Jahr 2003 und für das erste Halbjahr 2004 nennen einige Veranstalter sogar Erholungstendenzen. Stabile Zahlen können aber nur die melden, die Nischenthemen im Portfolio haben. "Das Amerikageschäft ist schwerer geworden. Aber nicht so, dass es sich nicht mehr rechnen würde", sagt Frank Thorwirth, Präsident Messe Düsseldorf North America. Nicht nur die Terroranschläge im September 2001, sondern auch der bereits davor spürbare Konjunktureinbruch hätten Rückgänge ausgelöst wie nie zuvor. "Alle Ereignisse zusammen haben zu drastischen Kürzungen geführt. Die Amerikaner konzentrieren sich mehr auf ihren Heimatmarkt." Hinzu käme, dass Europa nicht mehr als Wachstumsmarkt wahrgenommen werde. Die Messe Düsseldorf hat keine eigenen Veranstaltungen in den USA, und sie plane auch keine. "Der amerikanische Messemarkt ist stark von den Verbänden geprägt, die sich bis zu 70 % aus Messeeinnahmen finanzieren. Die Eintrittsbarrieren sind sehr hoch, man denke nur an die Werbekosten bei den Anzeigenpreisen für diesen riesigen Markt", erklärt Thorwirth. Das Geschäft der Tochtergesellschaft, die 1998 in Chicago - "hier sind wir näher am Kunden dran" - gegründet wurde und heute zwölf Mitarbeiter beschäftigt, ist die Akquisition von Ausstellerfirmen und Besuchern für die Leitmessen der Muttergesellschaft und deren Veranstaltungen weltweit. "Wir müssen den kompletten Marketingmix stärker einsetzen, mehr telefonieren, noch mehr auf die Kunden zugehen. Dabei kämpfen wir mit einer hohen Personalfluktuation in den Unternehmen, was die Kontaktpflege erschwert", so Thorwirth. Jährlich kommen im Schnitt zwischen 600 und 800 US-Aussteller zu den Düsseldorfer Messen, wobei Thorwirth die Entwicklung zwischen 1999 und 2003 nicht im Einzelnen aufweisen möchte. "Wir rechnen uns über vier Jahre", argumentiert er, einzelne Jahresbilanzen bildeten nicht die tatsächliche Entwicklung ab.

Die Anzahl der aus den USA stammenden Aussteller habe sich schon alleine deshalb verändert, weil sich US-Firmen immer häufiger über ihre Niederlassung in Europa oder Deutschland anmeldeten. Gleiches berichtet Detlev Rossa von der Unternehmens-PR der Deutschen Messe AG, Hannover: "Die Länderangabe ergibt sich aus der Messeanmeldung des Unternehmens. Absendeland ist nicht zwingend gleich Herkunftsland." Harald Kötter von der Gesellschaft zur freiwilligen Kontrolle von Messedaten (FKM), Berlin: "Die Deklaration des Landes liegt im Entscheidungsbereich des Ausstellers. Sie darf nicht nachträglich von der Messe geändert werden." Dabei sei es jeder Messegesellschaft überlassen, wie sie die Herkunftsdaten erhebt. "Die FKM-Experten empfehlen den Messeveranstaltern, dass sie bei der Anmeldung aus statistischen Gründen das Herkunftsland exakt abfragen." Manche Messegesellschaften hätten sich für eine freiwillige Selbstbeschränkung entschieden und ordnen das Herkunftsland aus buchhalterischen Gründen lieber der Adressangabe unter. So käme es, dass das deutsche Headquarter einer Firma als Herkunftsort benannt wird. Die FKM-Regel 22.10 im Regelheft ("Die Zuordnung eines Ausstellers zu einem Herkunftsland richtet sich nach den Angaben des Ausstellers") stellt es jedoch dem Messeveranstalter anheim, wie er seine Kunden befragt und lässt damit beide Lösungen zu.

Auf den Veranstaltungen in Hannover hat sich die Zahl der US-Aussteller von 781 im Jahr 1999 auf 460 in 2003 verringert. Nahezu halbiert hat sich auch die Besucherzahl auf 5890, so Rossa unter Verweis auf turnusbedingte Schwankungen. Mehr Aussagekraft hat die Entwicklung einer einzelnen Messe: Auf der CeBIT waren es 1999 noch 451 US-Aussteller, in diesem Jahr kamen 222. Die Nettofläche verringerte sich im gleichen Zeitraum von 14 400 auf 6400 m2. Nach der Absage der CeBIT America werde jetzt die Zahl der rund 50 Mitarbeiter in der Tochtergesellschaft in Princeton, New Jersey "deutlich abgebaut", aber nicht geschlossen. Messeveranstaltungen deutschen Zuschnitts tun sich auf dem US-Markt schwer: "Je mehr sie den Charakter einer europäischen Messe annehmen, um so schwieriger wird's." US-Messen und Ausstellungen werden in der Regel zusammen mit Kongressen, Konferenzen oder so genannten Conventions veranstaltet. Oftmals liegt das Schwergewicht sogar nicht auf dem Ausstellungsteil der Gesamtveranstaltung. Deshalb habe man bereits einige Themenschwerpunkte aus dem CeBIT-Programm herausgefiltert und in Kongresse eingespult. Dazu gehört der ISCe Kongress als CeBIT Event, der Anfang Juni mit Erfolg durchgeführt wurde.

Ein glückliches Händchen scheinen die Nürnberger mit ihrem hoch spezialisierten Fachmesseprogramm zu haben. Kürzlich erhielt Messechef Bernd Diederichs vom amerikanischen Konsul in München eine Urkunde für besonderes Engagement: Die USA rangieren seit Jahren unter den Top Drei der internationalen Ausstellernationen. Jährlich beteiligen sich rund 550 Aussteller aus den USA an den internationalen Fachmessen in Nürnberg. Dazu zählt die IWA & OutdoorClassics mit 176 Ausstellern (18 % der Gesamtausstellerzahl) und die Interzoo mit 116 Ausstellern (11 %). Bei beiden Messen ist der Zuspruch in den vergangenen Jahren gewachsen - "Nischenthemen, wenn sie gut platziert sind, setzen sich gegen den allgemeinen Trend ab", weiß Pressechef Peter Ottmann. Dafür spricht auch die Entwicklung der BioFach America, die auf das Konto der Nürnberg Global Fairs geht und die gemeinsam mit der Organic Products Expo in Washington stattfindet. 2003 beteiligten sich daran 180 Aussteller und über 20 000 Besucher.

Die Aussteller- und Besucherzahlen aus Nordamerika haben sich bei den Eigenveranstaltungen im laufenden Jahr sehr positiv entwickelt, meldet die Messe Frankfurt, die in Atlanta eine eigene Niederlassung unterhält. Die Stärkung des Euro gegenüber dem Dollar habe sich auf den Frankfurter Messen nicht bemerkbar gemacht. Hauptattraktionen sind Automechanika (180 bis 200 Firmen), gefolgt von Musikmesse (163 Ausstellern), Ambiente und Heimtextil mit 84 respektive 70 Ausstellern. Zuwächse im Vergleich zu den Vorveranstaltungen konnten 2004 bei der Musikmesse (+12 %), der Paperworld (+17 %), der Prolight + Sound (+19 %) und der Light + Building (+33 %) verzeichnet werden.

Dass mit Nischenthemen Krisen zu überwinden sind, bestätigt auch Pressesprecher Elmar Braun von der Messe Essen: "Wir können nicht von einem generellen Minustrend im US-Geschäft sprechen. Man muss nur mehr Überzeugungsarbeit dafür leisten." Die Firmen seien zögerlicher bei der Unterschrift und entschieden sich sehr spät. Dennoch bewege sich der US-Anteil an den Essener Messen stabil zwischen 150 und 250 Ausstellern jährlich. Messen wie die Reifen oder die Security könnten sogar kleine Zuwächse verzeichnen. Gesamtzahlen will Elmar Braun jedoch nicht nennen, "aufgrund des Turnus ist keine Vergleichbarkeit herzustellen". Bei den Besuchern seien Rückgänge zwar spürbar, aber eine Security sei davon bisher verschont. Als reines Inbound-Geschäft betrachtet die Koelnmesse ihre Aktivitäten in den USA. Sie unterhält seit 2002 eine Tochtergesellschaft in Chicago mit zehn Mitarbeitern. Die Zahl der US-Aussteller auf den Kölner Messen hat sich von 750 in 1999 auf 615 in 2003 verringert. "Das Invest trägt sich", weiß Pressesprecherin Alrun Griepenkerl.

Die Entwicklungen zeigen: Das Business der Auslandsvertretungen vor allem in den USA ist deutlich härter geworden. Dabei hat sich das Modell der Auslandsvertretungen nicht grundsätzlich überholt, meinen Insider, aber es muss mit Spezialisten für die einzelnen Branchengebiete weiterentwickelt werden. Die Messe München setzt nun nach der Schließung ihrer Tochtergesellschaft auf neue Strategien. In Zukunft wird die German American Chamber of Commerce in New York die Vertriebsaufgaben für sie wahrnehmen. Die Kammer verfügt mit Zweigstellen in Philadelphia und San Francisco sowie Partnerkammern in Chicago, Atlanta und Washington über ein flächendeckendes Netzwerk in den USA. Darüber hinaus werden der Auslandsvertretung für einzelne Branchen eigene Vertriebspartner zugeschaltet, um eine effiziente Marktbearbeitung zu gewährleisten. Dies geschehe bereits bei Messen wie der Transport Logistic oder der Ispo. "Der nordamerikanische Markt hat auf diesem Gebiet sicher Schrittmacherfunktion", kündigt Egetenmeir an. Petra Schmieder

m+a report Nr.6 / 2004 vom 24.09.2004
m+a report vom 24. September 2004