Vernetzung wird als Trumpf im Eventgeschäft genutzt

Seit einiger Zeit versuchen klassische Werbeagenturen, sich ein tüchtiges Stück vom "Eventkuchen" abzuschneiden. Bekannte Namen machen sich als Türöffner bezahlt.

Der Anfang schien einfach: Wenn Geschäftsfelder schrumpfen, dann muss man neue finden. Was lag da näher, als bei anhaltender Werbekrise beim "Nachbarn" zu wildern und sich als klassische Werbeagentur dem Eventgeschäft zu widmen - und dies ohne großen Vorlauf mit dem vorhandenen, aber nicht in Sachen Events qualifizierten Personal.
Solche wenig professionell aufgestellten Versuche zeigten in der Regel keine befriedigenden Erfolge. Die wirklich guten Werber machten es da doch deutlich besser. Sie warben aus dem Eventmarkt die entsprechenden Fachleute ab und gründeten eigene Eventunits oder sogar eigene Tochterfirmen mit Eventschwerpunkt, zogen also letztlich eigene Spezialagenturen auf. Deren Ergebnisse konnten und können sich meist sehen lassen und so schnappten sie den etablierten Eventagenturen den ein oder anderen "fetten Brocken" vor der Nase weg - oft mit ihrem bekannten Namen als Türöffner.

Dass man nicht "mal eben auf die Schnelle" mit dem vorhandenen Personal ein Event machen kann, ist den meisten Werbeagenturen durchaus bewusst. Das Unternehmen Jung von Matt/relations in Köln wurde daher im Januar 2002 unter dem Dach der Jung von Matt Gruppe gegründet und befasst sich mit den Leistungsfeldern Events und Public Relations. "Bei Eventagenturen geht es ja nicht nur um emotionale Markeninszenierungen, sondern außerdem noch um die technische Umsetzbarkeit einer kreativen Idee. Dieses Know-how ist in den klassischen Agenturen nicht vorhanden", weiß Lutz Nebelin, Geschäftsführer von Jung von Matt/relations. Man beschäftigt daher entsprechende Spezialisten. Ähnlich verfährt die Münchner Serviceplan Gruppe mit ihrem Tochterunternehmen Brand Event. Florian Freiherr von Hornstein, Holdinggeschäftsführer der Serviceplan Gruppe, ist überzeugt, dass es keinen Sinn macht, "eine Abteilung der klassischen Werbeagentur lediglich mit dem Etikett Eventagentur zu versehen, um beim Kunden mit einem größeren Leistungsangebot punkten zu können". Die Serviceplan-Tochter Brand Event wird daher auch von selbständigen Partnern mit spezifischem Know-how im Eventbereich geführt. Deutlich formuliert auch Henk Knaupe, Geschäftsführer Scholz & Friends Brand Affairs und Partner der Scholz & Friends-Gruppe, dass bei den Werbeagenturen "das Marken- und Strategiewissen nicht die Erfahrung in der Umsetzung von Events ersetzt. Diese Erfahrung ist in den letzten Jahren durch den Eintritt versierter Experten unter anderem aus dem Eventbereich in die Below-the-line-Töchter der klassischen Werbeagenturen hinzugekommen und wird in der neuen Konstellation erfolgreich genutzt."

Kritisch beäugen dagegen die Eventagenturen die Arbeit der Werber. "Eine Konzeption und Umsetzung eines Events erfordert bereits in der Präsentation Spezialwissen. Aufgrund der vielfältigen Eventziele reicht es aber oft nicht aus, einige Eventmanager für eine neu zu gründende Eventunit einzukaufen", konstatiert Göran Göhring aus der Geschäftsleitung von stagg & friends, Düsseldorf. "Um wirklich auf diesem Markt erfolgreich zu agieren, benötigt man eine langjährige und gewachsene Erfahrung. Diese fehlt den Werbeagenturen zu oft. Ergebnis sind kreative Konzepte, die dann aber so nicht realisierbar sind." Auf die Komplexität der "Klaviatur der Profis aus allen Disziplinen der Kommunikation" weist Carsten Knieriem, Geschäftsführer der Stuttgarter Agentur PGI Live Communications, hin und warnt davor, dass der Blick auf das vermeintlich leicht zu verdienende Eventgeld daher bei klassischen Werbe- oder PR Agenturen schnell dazu führen könne, dass diese sich unglaubwürdig machen und ihr eigenes, mühsam erarbeitetes Kompetenzprofil verwässern.
Für Torsten Görke, Geschäftsführer von TAS Emotional Marketing, Essen, ist es verständlich, dass Werbeagenturen Eventabteilungen gründen, um den Anforderungen des Kunden gerecht zu werden und den Gesamtauftrag abdecken zu können. Mit Vorsicht sei allerdings zu genießen, wenn Werber bei so genannten "Notverkäufen" von Eventagenturen an Personal kämen. "So gelangt man zwar sehr günstig an eine Eventagentur, sollte aber bedenken, dass diese in der Vergangenheit bereits wirtschaftlich nicht gut geführt wurde und sich hierfür einmal die Gründe vor Augen führen." Würden Mitarbeiter aus etablierten und auch aus weniger etablierten Eventagenturen von den klassischen Werbeagenturen abgeworben, um Event-Units zu gründen, seien "die nötigen Qualifikationen für die Event-Organisation bei den Eventmanagern zwar vorhanden, jedoch fehlt ihnen meist die Erfahrung in dem Bereich strategische Planung und Kreation, welcher in Eventagenturen stark vom Inhaber beeinflusst wird. Somit sind viele nicht der Aufgabe gewachsen, von heute auf morgen eine eigene Abteilung zu führen".

Vok Dams, Präsident des FME, Forum Marketing-Eventagenturen, und Firmengründer der Wuppertaler Vok Dams Gruppe, hält die Bemühungen der Werbeagenturen im Eventmarkt für wenig erfolgreich: "Von wenigen Ausnahmen abgesehen haben sich weder Zukäufe, noch Fusionen oder gar der Aufbau eigener Abteilungen bezahlt gemacht. Zu diffizil, zu speziell, zu umfangreich ist das Leistungsspektrum, das hier benötigt wird. Ressourcen und Know-how, das nur von Spezialisten vorgehalten werden kann. Spezialisten, die stolz sind, auf ihre strategische, konzeptionelle, kreative und operative Kompetenz. Eine Kompetenz, die über lange Jahre gewachsen ist, mit Erfahrungen und Netzwerken als Grundlage, die es ermöglichen, außergewöhnliche erlebnis- und ergebnisorientierte Maßnahmen im Bereich Livemarketing (also auch Events) effizient und zielorientiert umzusetzen." Einfach ist der Eventmarkt ohne Frage nicht, auch nicht für die Eventtöchter der Werbeagenturen. Lutz Nebelin von Jung von Matt/relations: "Einerseits dürfen wir mehr als andere, die Messlatte ist aber durch die klassischen Kollegen sehr hoch gelegt worden, das heißt, die Kundenerwartung orientiert sich naturgemäß an der Reputation klassischer Kampagnen. Jung von Matt funktionierte zu Beginn als ,Türöffner'". Wirkliches Kundenvertrauen wachse jedoch nur "über Markenverständnis, kompetente Beratung, kreative Ideen und Excellenz in der Umsetzung. Cross Selling und integriert arbeitende Kampagnen können im besten Fall dabei herauskommen." Bei Scholz und Friends Brand Affairs setzt man einerseits auf die Ansprache der Bestandskunden. Darüber hinaus geht man als Below-the-line-Agentur innerhalb des Scholz & Friends-Netzwerks auch den Weg der normalen Akquisition und ist dabei "anfangs auch auf Überraschung und zum Teil auch auf Skepsis gestoßen. Diese natürlichen Anfangsbarrieren waren jedoch schnell überwunden, da viele Kunden den Mehrwert aus der Verbindung von Markenverständnis, Kreativität und kompetenter Umsetzung schnell verstanden haben und nutzen wollen", berichtet Henk Knaupe von seinen Erfahrungen. Ungeachtet allen verständlichen Konkurrenzdenkens der Werber und Eventler gilt es jedoch, die Bedürfnisse und Anforderungen der Kunden nicht aus dem Blick zu verlieren. Ziel muss ein reibungsloses Zusammenspiel der verschiedenen kommunikativen Denkweisen sein.

So sieht Florian Freiherr von Hornstein von Serviceplan eine besondere Chance darin, dass "Brand Event auf das gesamte Leistungsspektrum der Agenturgruppe zurückgreifen kann: von klassischer Werbung und Media über neue Medien, Dialog- und POS-Marketing bis hin zu Design und PR." Dieses kreative Potenzial sei ein unschätzbarer Vorteil, den nur wenige Eventagenturen hätten. Viele müssten sich weitere Leistungen wie die Kreation am Markt bei Freien einkaufen - meist mit geringerem kreativen Potenzial bei höheren Kosten. Lutz Nebelin von Jung von Matt/relations ist der Meinung, dass insbesondere "die Annäherung der Disziplinen und ihre dennoch verschiedenartige Herangehensweise an Kundenanforderungen zu gegenseitiger Befruchtung führt und sowohl die Klassiker stärkt als auch uns. Was in unserer Branche zählt, sind der Kunde und seine Bedürfnisse. Wir merken jeden Tag, dass unsere Kunden nur eines wollen: qualitativ hochwertige Komplettlösungen aus einer Hand, die ihre Marke ins beste Licht rücken und die ins Herz der Zielgruppe treffen. Mit dem Was, Wie und Wer beschäftigen sich meist nur die Agenturen selbst."
Carsten Knieriem von PGI ist der Meinung, dass sich langfristig, erfolgreiche Kommunikation der verschiedenen Disziplinen im Sinne einer ,konzertierten' Aktion" bedienen müsse. "Die erfolgreiche Live Communication zeichnet sich in diesem Zusammenspiel durch solide Beratung und hundertprozentige Zuverlässigkeit in der Umsetzung aus. Beides kann nur bieten, wer sich seit Jahren intensiv mit dem komplexen Thema auseinander gesetzt hat - und dieses Know-how lässt sich nicht von heute auf morgen aufbauen."

Torsten Görke von TAS betrachtet die "Konkurrenz" seitens der Werber relativ entspannt: "Die verschiedenen Kommunikationsagenturen sind durchaus berechtigt und kompetent genug, Eventprojekte abzuwickeln beziehungsweise durchzuführen und so in den Bereich Event vorzudringen. Schließlich gehen wir genau so und streiten auch bei Below-the-Line-Etats mit klassischen Aufgaben mit." Für den Kunden zählen letztlich ein kreatives Eventkonzept und dessen seriöse Umsetzung durch erfahrene Eventspezialisten, die diesen Namen auch verdienen. Und genau hier sollten die Auftraggeber genauer hinsehen, bevor sie ihre Event-Etats vergeben. Weniger von Bedeutung ist die Tatsache, ob sie sich eine Eventagentur oder die Eventtochter einer Werbeagentur für ihr Event ins Boot holen.
Und so kann man sich getrost dem Fazit von Henk Knaupe anschließen: "Der Markt ist mit dem Eintritt neuer Wettbewerber sicherlich umkämpfter geworden. Die Eventagenturen stehen vor der Herausforderung, den veränderten Anforderungen in Bezug auf Vernetzung und Markenverständnis gerecht zu werden. Dieser Prozess ist in vollem Gang. Dabei gehen klassische Eventagenturen den umgekehrten Weg und verstärken sich in diesen Bereichen. Beide Konstellationen haben ihre Vorteile und es wäre überheblich zu glauben, dass die Below-the-line-Töchter der klassischen Agenturen sofort und in allen Bereichen die ,Platzhirsche' verdrängen können. ,Fürchten' müssen sich nur die Agenturen, die sich den veränderten Anforderungen im Eventmarkt nicht stellen, unabhängig davon, ob sie alt eingesessene Eventagenturen oder neue Marktteilnehmer sind." Antje Peters-Reimann

m+a report Nr.4 / 2004 vom 11.06.2004
m+a report vom 11. Juni 2004