Design ist Programm

Ob bei ihren Produkten, Messeauftritten oder Publikationen: Die Firma Merten sieht das Design als Schlüssel zum Erfolg. Die zahlreichen erhaltenen Auszeichnungen sprechen für sich.

Herr Lamers, wie kam es zur starken Designausrichtung Ihrer Firma?
Schon sehr früh erkannte Merten, dass Design ein wichtiger Schlüsselfaktor für den Erfolg eines Produktes ist. Bereits Mitte der 50er Jahre wurde ein Industriedesigner als Berater in allen relevanten Fragen verpflichtet und eine Zusammenarbeit mit Ralph Lysell, einem schwedischen Designer, forciert. Danach war Rido Busse als ständiger Gestalter und Designberater bis in die 90er Jahre für Merten tätig. Er hat beispielsweise Anfang der 80er Jahre den bis heute sehr erfolgreichen Schalter "Atelier" oder "OctoColor", einen Schalter mit auswechselbaren Farbringen zur individuellen Anpassung an die Raumgestaltung, entworfen. Das Prinzip war absolut einzigartig und wurde weltweit hundertfach kopiert. Das hat Merten darin bestärkt, den Designweg konsequent weiterzugehen. Denn auch die gute Zusammenarbeit mit dem Industriedesignteam von Sir Nicholas Grimshaw hat zahlreiche erfolgreiche Merten-Produkte hervorgebracht.

Nicht nur bei den Produkten, sondern auch bei den Messeauftritten geht Merten gestalterisch herausragende Wege. Welche Überlegungen fließen in Ihrem Hause in die Messeplanung ein?
Auf der letztjährigen Light + Building sorgte die Firma mit einem Messestand des Mailänder Gestalters Martino Berghinz (Studio Urquiola + Berghinz) für Furore und präsentierte, kuratiert von Stylepark, im Museum für Angewandte Kunst Frankfurt im Rahmen der Luminale eine Ausstellung zum Thema Schalten. "Switch - Intuition im Raum" zeigte visionäre Studien und innovative Technik mit Beiträgen unter anderem von Konstantin Grcic, Jürgen Mayer H., Reed Kram, Max Ratjen, Antonia Henschel und Marc Krusin/Merten.
Dass sich die Zusammenarbeit mit so einem international renommierten Designer wie Konstantin Grcic für Merten als äußerst fruchtbar erweist, konnte 2006 unter Beweis gestellt werden: Die Designstudie eines runden Schalters, die Grcic 2006 im Rahmen von "Switch" vorstellte, hatte eine solch überwältigende Resonanz, dass der "Runde Schalter" im Sommer 2007 lieferbar sein wird.
Merten ist keine klassische "Anzeigenmarke". Der enge persönliche Kontakt zu unseren Kunden ist ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie. Und Messen sind der ideale Rahmen, neue Ideen und Produkte in einem anspruchsvollen Rahmen zu inszenieren. Unsere Kunden schätzen die offene Atmosphäre bei Merten. Der beste Beweis für uns sind die zahlreichen Kunden, die nach jedem anstrengenden Messetag mit uns den Tag bei einem lockeren Gespräch ausklingen lassen.
Wie schwer es ist, den Nutzen intelligenter Gebäudetechnik erfahrbar zu machen, wissen wir seit der Erfindung des Dimmers. Broschüren, Anzeigen und Kataloge reichen alleine nicht aus, die Faszination der Merten-Welt erfahrbar zu machen. Anders ein Messeauftritt. Die Positionierung, unseren Kunden "Lösungen für intelligente Gebäude" zu bieten, konnten wir in Frankfurt auf der Light + Building unmittelbar kommunizieren und erlebbar machen. In jedem Kubus wurden andere Lösungen präsentiert. Es gab Kuben mit Lösungen für Bürogebäude, für Hotels, für den privaten Neubau und für den modernisierten Altbau. Da wurden - nicht zuletzt dank Martino Berghinz, der ja für das Design verantwortlich zeichnete - Bilder geschaffen, die konkrete Anwendungen der Merten-Produkte transportiert haben. Man konnte sehen, dass sich etwas bewegt hat, dass die Leute Spaß am Experimentieren und Ausprobieren hatten. Auf einem Messestand sollten mit guten Produkten neue Erfahrungen gesammelt und Aha-Erlebnisse erzeugt werden.

Wie sieht das Briefing für die Agenturen und Messebauunternehmen aus? Welche Freiräume gestatten Sie ihnen?
Die Trennung zwischen Kreativkonzept und perfekter Umsetzung gibt es nur in der Theorie. Praktisch ist es eine sehr, sehr enge Kooperation aller beteiligten Partner vom Projektstart bis zum Messebeginn. Die wichtigsten Bestandteile des Briefings waren die lösungsorientierte Präsentation der Produkte in den einzelnen Gebäudetypen (Büro, Hotel, Privatraum) und die konsequente Ausrichtung des gesamten Messestands am Corporate Design.
Der Messestand muss zur Marke, zum Unternehmen und zu den Menschen im Unternehmen passen. Dafür ist es sehr wichtig, dass der Gestalter ein möglichst umfassendes Bild vom Unternehmen bekommt. Für das Briefing haben wir uns sehr viel Zeit genommen. Eine sehr gute Investition, wie das Ergebnis zeigt.
Die Idee mit den Kuben hat uns sofort fasziniert. Einfach genial, wie beim Blick in den Kubenspiegel echte und "unechte" Objekte zu einer Erlebniswelt verschmelzen. Und wie offen und einladend der Messestand dadurch geworden ist. Ein positiver Nebeneffekt der Kuben: In der Mitte ist ein "Merten-Marktplatz" für Beratung entstanden, der keinen Blick auf andere Messestände freigegeben hat. So konnte man 100 % Merten erleben.

Eine Ästhetik der Präsentation scheint sich bei Merten durch alle Bereiche zu ziehen. Wie verknüpfen Sie diese miteinander im Sinne Ihrer Corporate Identity?
Mit MetaDesign haben wir vor drei Jahren unsere Corporate Identity erarbeitet und ein unternehmensweites Corporate Design festgelegt. Das Thema Brandmanagement hat bei Merten höchste Priorität und wird von allen Mitarbeitern getragen, denen unser Online-Brandmanager weltweit hilft, stets auf die aktuellen und neuesten Hilfsmittel und Gestaltungsregeln zurückzugreifen. Die Publikation "Switch" spielt in gewissem Sinne eine Sonderrolle. Sie genießt einen gestalterischen Freiraum, den das komplexe Thema Designprozess benötigt. Allerdings ist es Antonia Henschel, der Gestalterin des Buches und eine der Kontributoren von Switch, sehr schön gelungen, die unterschiedlichen Designstudien der Beteiligten zu einem anspruchsvollen Gesamtwerk zusammenzubringen. Was sicher nicht zuletzt mit umfassenden und intensiven Gesprächen zusammenhängt, die solche Prozesse und Projekte mit sich bringen - eben im Sinne einer einheitlichen Corporate Identity.

Seit letztem Sommer gehört Merten zur französischen Schneider Electric Gruppe. Wie wird sich das auf das Auftreten und das Design des Unternehmens künftig auswirken?
Diese Frage habe ich seit der Übernahme sehr häufig gehört und kann Ihnen sagen: Merten bleibt die starke, eigenständige Marke, die sie ist.
Interview: Anja Wagner

m+a report Nr.1 / 2007 vom 13.02.2007
m+a report vom 13. Februar 2007