Kostendruck und Zeitnot werden größer

Da weniger Maschinen und immer seltener ganze Produktionsstraßen auf Leitmessen gezeigt werden, kämpfen Messespediteure mit sinkendem Transportvolumen.

Das stärkere Kostenbewusstsein der Industrie schlägt sich bei den Investitionsgütermessen in schlankeren Beteiligungen nieder. Angesichts hoher Kosten erhöhe Personalknappheit bei den Ausstellern den Zeitdruck. Zudem sei der Messemarkt übersättigt, beurteilt Edgar von der Hydt, Geschäftsführer Geologistics, Frankfurt, die Situation. Mittlerweile gäbe es zu viele Konkurrenzveranstaltungen in anderen Ländern. Diese Entwicklung hätten die deutschen Messeveranstalter im Glanze ihrer Leitmessen verschlafen.
Die Messespediteure befinden sich in wachsendem Wettbewerb. Aus Sicht von Kühne & Nagel, neben Schenker und Danzas einer der Großen auf dem deutschen und internationalen Messelogistikmarkt, stelle sich die Ertragssituation nicht mehr so rosig wie in den 70er und 80er Jahren dar. "Heute läuft vieles über den Preis und die Serviceleistungen", sagt Georg Nork, Fachbereichsleiter KN ExpoService, München. Dabei hatte Kühne & Nagel erst im März letzten Jahres mit dem Kauf von Birkart Fairs & Events einen Coup gelandet. Auf einen Schlag wurde der Latecomer nach Frankfurt (1993), Hannover - durch den Kauf des Möbelspediteurs Walterstein (1995) - und München (1998) "Offizieller Messespediteur" in Düsseldorf, Köln und Nürnberg. Mit der Überleitung der Birkart-Verträge auf K & N war auch das Restrisiko des Kaufes überwunden. "Das hat gepasst wie die Faust aufs Auge", freut sich Nork noch heute über die Verdoppelung der Standorte.

Dieser strategische Schub blieb in der Szene die Ausnahme. Viel Bewegung ist im Messelogistikmarkt nicht zu spüren. Schenker ist unangefochtener Marktführer. Das globale Messenetz führt Tausende ausländischer Kunden über diese Spur auf deutsche Messen. Allein zur CeBIT dürften die Essener etwa jeden dritten Aussteller betreut haben. Ausgerechnet Essen, wo der Lokalmatador Alfred Paas als Spediteur die Zügel fest in der Hand hält, ist der einzige größere deutsche Messeplatz, wo der globale Messelogistiker nicht vertreten ist.

Der Platzmessekuchen ist im wesentlichen verteilt. Vor fünf Jahren war es Geologistics gelungen, zusätzlich zu Schenker auf dem Berliner Messegelände Fuß zu fassen. Der Vertrag wurde kürzlich "langfristig" verlängert. Das ist eher ungewöhnlich, aber größere Investitionen des Spediteurs im Kontext mit dem neuen Berliner Terminal machten eine solche Konstruktion möglich. Einige Messeplätze könnten noch einen weiteren Spediteur vertragen, doch die Platzmesse-Perspektiven sind eher dünn. Davon ist Geologistics tangiert, denn rund 75 % seines Aufkommens generiert das Unternehmen mit seinen rund 120 Messemitarbeitern im In- und Ausland in Deutschland.
Wer sich ausschließlich auf den deutschen Markt oder bestimmte Branchen und Messen wie IT und die CeBIT konzentriere, habe schlechte Karten, sagt Heiko Blendermann, Geschäftsführer Panexpo, Worpswede. Global aufgestellte Unternehmen haben hingegen gut zu tun. "Im Ausland suchen wir uns immer den besten Partner, der jeden Zöllner persönlich kennt", beschreibt Blendermann die Chancen am Markt. Die Messespediteure kommen sich wenig ins Gehege, jeder kenne die Stärken des anderen. Ruinösen Wettbewerb wie unter den normalen Spediteuren gebe es auf dem Messemarkt nicht. In Deutschland, so seine Überzeugung, sind Messespediteure derzeit nicht in Gefahr.
Den gewachsenen Messelogistik-Strukturen begegnet die Hamburger Panalpina Welttransport GmbH auf ihre Weise. Sie sucht ihre Spielwiese ausschließlich im Ausland. "Wenn wir doch mal etwas in Deutschland machen, holen wir uns einen starken Partner", skizziert Geschäftsführer Ralf Oldag die Strategie. Anders geht es wohl auch nicht, denn an den Platzhirschen kommt niemand vorbei. Panalpina hat seine Branchenschwerpunkte im Textilmaschinenbereich, in der Automobilindustrie und im Filmbusiness. Textilmaschinenaufträge machen ein Drittel des Geschäfts aus. So betreute Panalpina die Weltleitmesse für Textilmaschinen ITMA 1999 in Paris und 2003 in Birmingham. Dazu zählt, im engen Kontakt mit dem europäischen Verband Cematex in Zürich, die Federführung in der kompletten Vorbereitung sowie der Auf- und Abbauplanung. Engste Kommunikation mit den Ausstellern, dem Veranstalter und den anderen Logistikern sei Voraussetzung für das reibungslose Gelingen.
Damit haben auch die offiziellen Spediteure Schenker und Kühne & Nagel 2007 kein Problem, wenn Panalpina in München die nächste ITMA koordiniert. Dann werden wieder rund 2000 Lkw die Messe anfahren und alles muss nahtlos ineinander greifen. Mit insgesamt 50 Mitarbeitern in eigenen Büros ist Panalpina in den USA, Italien, Belgien, Schweiz und Litauen vertreten. Eventlogistik spielt - nicht nur bei Panalpina - zunehmend eine Rolle. Dieses Geschäft unterscheide sich nicht grundsätzlich von der Messelogistik, denn auch hier komme es im wesentlichen auf zügige Zollabwicklung und Just-in-time-Bewältigung an.

Einen "getarnten Mittelständler" nennt sich Michael Brauner, Geschäftsführer der Peter Josef Zimmer Internationale Spedition GmbH. Als 100 %-ige Tochter von Danzas ist Zimmer nur in Köln als reiner Platzspediteur tätig. Über ihr weltweites Partnernetz machen die Lokalprofis guten Umsatz mit internationalen Ausstellern auf Kölner Messen. Brauner bedauert, 2003 in Berlin trotz der Expertise im Nahrungs- und Genussmittelbereich nicht zum Zuge gekommen zu sein. Denn Grüne Woche, Fruit Logistica und die Kölner Anuga hätten gut zusammengepasst. Für ausländische Auftritte gibt Brauner Empfehlungen für Danzas oder seine Partner im "Interpool der Messespediteure" ab. Dort kooperieren sechs offizielle, mittelständische deutsche Messespediteure, um unter gemeinsamem Logo ihre Schlagkraft zu erhöhen.
Von diesem Netzwerk profitiert auch die mittelständische Cretschmar MesseCargo GmbH als Platzmessespediteur in Leipzig und Düsseldorf, wo sich ihr Kunden wie die Heidelberger Druckmaschinen oder MAN anvertrauen. Chancen für einen dritten Messeplatz sieht Geschäftsführer Rolf Peters auf absehbare Zeit nicht. Lediglich auf dem neuen Gelände in Stuttgart könnte eines Tages ein zweiter Spediteur gebraucht werden. Kein Zweifel, die Messelogistik hängt an der Entwicklung der einzelnen Messen. "Wir leiden und jubeln mit", charakterisiert Peters die Ups und Downs des Unternehmens und seiner gut 20 Mitarbeiter. So sei das Konsumgüterjahr 2003 in Düsseldorf aus Sicht der Spediteure "eine mittlere Katastrophe" gewesen. Ganz anders 2004, denn in diesem Jahr stehe in Düsseldorf "eine große Investitionsgütermesse nach der anderen auf dem Programm". Wolf-Dietrich Groß

m+a report Nr.4 / 2004 vom 11.06.2004
m+a report vom 11. Juni 2004