Kartell und Kooperationen

Nürnbergs Messechef Bernd A. Diederichs kann es sich aussuchen: Möchte er gerne der Rufer in der Wüste genannt werden, oder der Prophet sein, der im eigenen Land nichts gilt? Egal, denn das Ergebnis ist dasselbe. Sein frommer Wunsch nach mehr Kooperation der deutschen Messegesellschaften miteinander wird so schnell nicht erhört werden (können). Zum einen scheitert selbst die minimalste Zusammenarbeit an Konkurrenzdenken, Eitelkeiten und dem kurzsichtigen Schielen auf den eigenen Wettbewerbsvorteil. Zum anderen erstickten kartellrechtliche Bestimmungen in Deutschland erste zaghafte Versuche der Kooperation schon, bevor sie überhaupt Vertragsreife erlangen konnten, wie Stuttgart und Hannover jetzt erfahren mussten.
Wenig Mut auf einen Stimmungswechsel macht auch Werner M. Dornscheidt, der aus Düsseldorf einmal mehr laut verkündete, dass eine Zusammenarbeit mit den Kölnern jenseits aller Vorstellungen liege.
Während man in Deutschland also größtenteils die Nabelschau betreibt, schaffen die Nachbarn in Frankreich Fakten. Mit dem Zusammenschluss von Unibail und der Pariser Handelskammer entsteht im Nachbarland ein Messeriese, der offen damit flirtet, nach jahrelangem Dornröschenschlaf im Messegeschäft jetzt die Welt erobern zu wollen. Größentechnisch haben es die Franzosen schon geschafft, Frankfurt auf die Plätze zu verweisen. In der Schweiz, als Messeland von den Deutschen vielleicht nicht ganz ernstgenommen, spielt sich ebenfalls ein beispielsloser Konzentrationsprozess ab, der, langfristig gesehen, aus dem kleinen Nachbarn in den Bergen ebenfalls einen Konkurrenten, zumindest im europäischen Messegeschäft, machen kann.
Deutsche Messegesellschaften wären schlecht beraten, sich auf ihrer Weltmarktführerschaft noch allzu lange auszuruhen. Das Erwachen könnte bitter sein. Denn außer der Bereitschaft über den eigenen Tellerrand hinaus zu kooperieren, muss der politische Wille vorhanden sein, der Landesfürsten und Messestädte befähigt, über die Stadt- und Landesgrenze hinaus zu denken. Und mit Lobbyarbeit diesen Sinneswandel herbeizurufen, so er denn von den Messegesellschaften gewollt wird, das dauert. Annic Kolbrück

m+a NEWSLINE Nr.14/15 / 2007 vom 19.07.2007
m+a NEWSLINE vom 19. Juli 2007