Kommentar m+a NEWSLINE Nr. 12 / 2005 vom 16.06.2005

Gelb ist die Farbe des Neides - und die Hausfarbe der Messe Stuttgart. Eine Woche vor Grundsteinlegung - die war gestern - kam die Bekanntgabe der Umzugspläne der Schall-Messen nach Stuttgart und der längerfristigen Kooperation wie gerufen. Für Sinsheim ist die Nachricht ein Schock. Und auch für die Mitarbeiter. Denn ohne die Mieteinnahmen aus den Schall'schen Veranstaltungen dürfte die Messe Sinsheim kaum überlebensfähig sein.Die zweite Nachricht: Die deutsche Messewelt muss (wieder) mit Stuttgart rechnen. Dort macht man sich daran, auf dem Messefeld über Jahre verloren gegangenes Terrain zurück zu erobern und die enorme Wirtschaftskraft der Region auch messetechnisch aufs Gleis zu bringen. Baden-Württemberg ist das exportstärkste deutsche Bundesland und die Messe Stuttgart hat mit dem Neubau die Chance, den Rückstand in Sachen Messeinfrastruktur aufzuholen. Nicht nur die Messebranche verfolgt deshalb mit Argusaugen, was sich derzeit in der baden-württembergischen Hauptstadt tut. Der Technologie-Standort braucht für die Vermarktung seiner Produkte eine moderne Präsentationsplattform.
Dass der Deal mit der Messe Stuttgart überhaupt zustande kam, grenzt an ein Wunder. Schließlich hat Schall mit diesem Veranstalter nicht immer die besten Erfahrungen gemacht. Das zweite Wunder aber ist, dass er erst sehr spät bekannt wurde. Stuttgarts Messechef Ulrich Kromer von Baerle muss die Zusammenarbeit mit viel Geschick eingefädelt haben. Denn in die Verhandlungen waren viele Menschen involviert: Der Umzug geschieht mit klarer Billigung der Landesregierung. Und die Stuttgarter Messegesellschaft zahlt dem wechselwilligen Schall mögliche Rückforderungen verschiedener Zuschussgeber und Vertragspartner aus der Sinsheimer Zeit.
Die Hightech-Messen aus dem Portfolio Schall haben auf dem neuen Gelände mehr Möglichkeiten. Nicht nur aus infrastruktureller Sicht. Die Flächenkapazitäten, die in Sinsheim einfach nicht vorhanden sind, kann Stuttgart ab 2007 bieten. Ein Wachstum der Messen mitten im Markt dürfte damit programmiert sein. Damit tritt ein neuer Wettbewerber auf den Plan, mit dem so niemand (mehr) gerechnet hat.
Enttäuscht sind alle diejenigen, die sich (doch noch) Hoffnungen gemacht haben, dem Unternehmer Paul Eberhard Schall die Messethemen abzukaufen. Aber mal ehrlich: Hat jemand wirklich erwartet, das schwäbische Urgestein würde seine Messen "außer Landes" geben?

P.S.: Konsequenz aus der Kooperation: Stuttgart wird die Modellbahn Süd absagen. Die Schall-Messe im Frühjahr, die Faszination Modellbau, ist wesentlich stärker.

m+a NEWSLINE Nr.12 / 2005 vom 16.06.2005
m+a NEWSLINE vom 16. Juni 2005